Ja, auch bei Scrum gibt es sie, die sogenannten Influencer.
Sie treten vornehmlich in den Unterarten
- graue Eminenz oder
- wilde Polterer
auf und sind der Methode oftmals nicht wohl gesonnen.
Aber nein, keinesfalls sollen sie – die Influencer – per se schlecht gemacht werden. Sie könn(t)en durchaus auch positive Auswirkungen im Projektgeschehen eines Scrum Teams haben.
Die graue Eminenz im Hintergrund oder der Polterer im Vordergrund
Es gibt sie in jedem Unternehmen. Informelle Strukturen, die sich als Resultat gruppendynamischer Prozesse entfalten und offizielle / formale Strukturen begleiten oder gar unterwandern. Per se schlecht müssen solche informelle Strukturen nicht sein, beheben sie doch manches mal auch Defizite einer offiziellen Struktur.
Die graue Eminenz (französisch: éminence grise), die …
… oftmals als eine eine einflussreiche Person verstanden wird, die im Hintergrund und nach außen kaum in Erscheinung tretend, die Fäden in der Hand hält und somit das Geschehen beeinflusst. Oftmals zeichnet sie – die graue Eminenz – sich durch fachliche Expertise und ein hohes Maß an Sozialkompetenz aus. Das zeigt bei ihrer Zuhörerschaft (zu neudeutsch, bei deren Follower) oftmals die entsprechende und gewünschte Wirkung.
Sie tritt als sogenannter Influencer auf.
Der Polterer dagegen beeinflusst …
… seine Zuhörerschaft nicht selten durch lautstarkes und extrovertiertes Auftreten, dass oftmals gepaart ist mit Überzeugungskraft.
Beide müssen für das Wohl und die Performance eines Scrum Teams nicht per se schlecht sein, …
… können aber im schlimmsten Fall für ein Scrum Team absolut schädlich sein.
Den guten Influencer gilt es sich zum Freund zu machen
Ein Scrum Master kann und sollte sich seiner zum Wohle des Teams „bedienen“. Warum nicht seine Hilfe in Anspruch nehmen, wenn es darum geht den Teamgeist zu fördern oder Optimierungen im Ablauf / der Methode voranzubringen? Um das aber überhaupt bewerkstelligen zu können, muss auch der Scrum Master über die dafür erforderliche Sozialkompetenz verfügen. Man macht nicht mal eben einen anderen Menschen „zu seinem Freund“.
Der böse Influencer aber ist ein Ärgernis
Ein nicht zu unterschätzendes Ärgernis!
Die Herausbildung einer informellen Machtstruktur, die mit der Verantwortlichkeit und den Aufgaben des Scrum Masters in Konkurrenz tritt, ist eine echte Herausforderung. Umso mehr dann, wenn der Beeinflusser – äh Influencer – sich als ein waschechter und vehementer (Scrum-) Verweigerer erweist. Das lässt sich nur noch dadurch steigern, wenn dieser informelle Führer und Scrum-Verweigerer ansonsten ein beliebtes Teammitglied ist. Und noch schlimme könnte es dann sein, wenn dieser Störfaktor auch noch ein Interner, also ein Angestellter des Auftraggebers ist. Ein Albtraum für ein jeden Scrum Master.
Wo die Gründe für eine mögliche Scrum-Verweigerung liegen und wie tief dies sitzen mögen, soll hier nicht weiter erörtert werden. Wer aber …
… partout nicht will, will einfach nicht!
Die Erfahrung zeigt, dass ein echter Verweigerer weder mit Sozialkompetenz noch mit sachlich, fachlich guten Argumenten von einer Sache überzeugt werden kann. Zudem muss man sich fragen, ob der Aufwand überhaupt betrieben werden kann und soll, hier jemanden – wie sagt man so schön – katholisch zu machen.
Was tun, mit solch einem „schädlichen Element“?
Erweist sich der Influencer als schädlich, kann er damit die Performance des gesamten Scrum Teams negativ beeinflussen. Ein schlechter Apfel im Korb, der alle ansteckt und madig macht. Wie stark dieses „schädliche Element“ wirken kann und wie groß der Schaden ist, der dadurch angestellt wird, hängt ganz wesentlich von Charakteren des restlichen Scrum Teams ab. Ist jemand da, der adäquat dagegen halten kann?
Unnütze Energieverschwendung und Reibungsverluste verursacht es – das schädliche Element / der böse Influencer – auf jeden Fall.
Das klärende Gespräch führen?
Siehe dazu „wer partout nicht will …“.
Einen möglicherweise vorhandenen RTE informieren?
Ob sich der vehemente Verweigerer davon / von einem RTE (Release Train Engineer) beeinflussen / beeindrucken lässt?
Das schädliche Element eliminieren?
Das gestaltet sich oftmals als nicht so einfach. Sofern der Bösewicht (m/w/d) ein sogenannter Interner – also ein Angestellter des Auftraggebers – ist, stehen die Vorzeichen dafür i. d. R. gar nicht gut. Auch wenn er über für das Projekt unverzichtbares Knowhow verfügt, wird es schwer werden auch nur den Versuch zu starten.
Um diesem Problem, das ganze Projekt zu Fall bringen kann, adäquat begegnen zu können, bedarf es unbedingt eines guten Menschenverständnisses. Ein Scrum Master, der erfahren und geübt im Umgang mit Menschen ist, ist die halbe Miete. Es ist nicht per se die Lösung des Problems, kann aber hilfreich dazu beitragen.
Lieber Leserschaft,
wir können hier keine abschließende Lösung für ein weitläufiges Problem innerhalb des Projektgeschehens und innerhalb von Projektteam liefern, würden uns aber über ein Feedback Ihrerseits freuen.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Sehr geehrter Herr Hirschbeck,
da haben Sie eine sehr treffende Beschreibung vielfach erlebter Zustände bei Enterprise Mandanten formuliert. Danke! Als Senior Consultant kann man dann aufgrund seiner Berufserfahrung adäquat damit umgehen und sich dann den wirtschaftlichen Aspekten seines hybriden Rollenmodells (Mensch, Agilist, Scrum Master, Consultant) widmen, Projekte gehen ja vorüber und das nächste spannende wartet bestimmt. Juniorige Kollegen sollten diese Beschreibung weitergeleitet bekommen und lesen um in beschriebenen Situationen nicht an sich selbst zu zweifeln.
Herzliche Grüße
Max Blau
Hallo Herr Blau,
würde mich freuen, wenn Sie den Blog an den einen oder anderen Junior in Ihrem Umfeld weiterleiten. 🙂
Gruß und noch weiterhin frohes Schaffen.
Rudolf Hirschbeck